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Enzyme - lautlose Heinzelmännchen

 

Enzyme sind Substanzen der besonderen Art. Sie sind die Heinzelmännchen des Stoffwechsels der lebenden Organismen, indem sie Stoffe aufbauen oder zerlegen. Nahezu alle chemischen Umsetzungen im Körper werden von ihnen erledigt, lautlos, ökologisch und ohne Abfallstoffe. Auch in der Kosmetik lassen sich Enzyme gezielt einsetzen.

 

Enzyme sind wahrhaftige Spezialisten auf ihrem Gebiet und daher meist nur für eine bestimmte chemische Umsetzung zuständig. Daher gibt es sehr viele unterschiedliche Enzyme in der Natur. Alle enthalten Proteinbestandteile und sind in der Regel sehr kompliziert aufgebaut. Dies bedingt, dass sie sehr empfindlich sind und bei höheren Temperaturen oder bei Einwirkung von z. B. Säuren, Basen, Oxidationsmitteln und oberflächenaktiven Substanzen rasch deaktiviert werden. Man spricht dann auch von einer Denaturierung.

Stoffe werden aufgebaut oder umgewandelt

Die alkoholische Gärung bei der Wein- und Bierherstellung ist ein typischer enzymgesteuerter Vorgang, wobei Zucker in Alkohol und Kohlendioxid umgewandelt wird. Hefe dient dabei als Enzym-Lieferant. Das Ptyalin (α-Amylase), ein Enzym des menschlichen Speichels, wandelt Stärke in Malzzucker um, ein Vorgang, den man beim längeren Kauen von Brot durch Entstehung eines süßlichen Geschmacks wahrnehmen kann. Interessanterweise gibt es Parallelen im pflanzlichen und menschlichen Bereich, die unter anderem auch die Haut betreffen. Durch UV-Bestrahlung wird in der Haut das Enzym Tyrosinase angeregt, das für die Melaninbildung und somit für die Hautbräunung zuständig ist. Das gleiche Enzym bewirkt bei aufgeschnittenem Obst die Braunfärbung. Die Tyrosinase lässt sich in beiden Fällen durch Vitamin C inaktivieren. Die Folge: weder Haut noch Obstsalat färben sich braun.
Ganz gezielt nutzt man Tyrosinase-Hemmer in so genannten Whitening-Produkten zur Prävention von Hyperpigmentierungen der Haut. Gewöhnliche Pflanzensäfte enthalten häufig Proteasen, d. h. Enzyme, die in der Lage sind, Proteine (Eiweiß) zu spalten. Zu ihnen gehören z. B. das Papain aus dem Saft des tropischen Melonenbaumes und das Bromelain aus dem Saft und den Stengeln der Ananas. In der Kosmetik werden beide Enzyme für Enzym-Peelings eingesetzt. Zellverbände werden gelöst und auf diese Weise oberflächliche Hornzellen entfernt. Diese Art der Hautschälung ist gleichmäßig, schonend und kann in Form einer Maske erfolgen.

Fettspaltende Enzyme

Die Wirkung von Hydrolasen, die Fette spalten können und die entsprechenden Fettsäuren freisetzen, kann man bei nicht mehr frischen fetthaltigen Lebensmitteln leicht durch ranzige Geschmacksnoten bemerken. Hydrolasen werden unter anderem auch beim Reiben von frischen Kartoffeln freigesetzt, was sich früher, als diese Handarbeit noch gängige Praxis war, durch raue Hände äußerte, da sie Triglyceride und Diglyceride des Lipidmantels der Haut abbauen. Verwandt mit den Hydrolasen sind die Lipasen, die bevorzugt durch Gallensäuren emulgierte Fette zerlegen. Sie kommen unter anderem im menschlichen Verdauungstrakt vor. Zu dieser Gruppe gehören auch die Phospholipasen, Enzyme, die speziell Phospholipide spalten.
Proteasen und Hydrolasen befinden sich auch im Stratum corneum und sind dort unter anderem an der Bildung freier Aminosäuren, die zum NMF-Faktor gehören, sowie am Gleichgewicht zwischen Triglyceriden, Diglyceriden, Monoglyceriden, Glycerin und Fettsäuren beteiligt. In Hautpflegemitteln eignen sich vor allem physiologische Triglyceride für die Pflege des Lipid- und Säuremantels der Haut, da diese am besten in das Hautgleichgewicht integriert und in die jeweils notwendigen Komponenten umgebaut werden. An diesem Gleichgewicht haben auch Enzyme einen Anteil, die aus der natürlichen Besiedlung der Hautoberfläche durch Mikroorganismen resultieren.

Aufbau von Collagen

Eine andere interessante Gruppe sind Enzyme, die am Aufbau und Abbau des Collagens beteiligt sind. Die Collagensynthese in der Haut nimmt bekanntlich mit dem Alter ab und der Collagenabbau zu. Die Anwesenheit des hauteigenen Vitamin C bewirkt die Aktivierung der collagenbildenden Enzyme und die Zunahme von Inhibitoren der Collagenase, die für den Collagenabbau zuständig ist. Je weniger Vitamin C vorhanden ist, umso mehr wird die Collagenbildung gedrosselt. Auch Vitamin E greift in diesen Vorgang ein. Daher sollten beide Vitamine Bestandteil einer Antiaging-Hautpflege sein. Empfehlenswert sind beide Vitamine in Form von Derivaten, die in geeignete Carriersysteme wie Liposomen oder Nanopartikel integriert sind. Vitamin C wird nach der Penetration und Permeation in die Haut an Ort und Stelle aus Vitamin C-palmitat (Nanopartikel) oder Vitamin C-phosphat (Liposomen) durch enzymatische Spaltung freigesetzt. Am Collagenabbau sind spezielle Metalloproteinasen beteiligt, die bei einer hohen Belastung der Haut durch UV-Strahlung aktiviert werden - ein wichtiger Grund, übermäßige Sonne zu meiden.
Die Expression von Metalloproteinasen wird durch Weihrauch-Extrakt (Boswellia sacra) gehemmt. Der Extrakt blockiert zudem die 5-Lipoxygenase, ein Schlüsselenzym bei Entzündungsprozessen. In Nanopartikeln verpackter Weihrauchextrakt wird daher nicht nur in der Kosmetik, sondern auch bevorzugt bei entzündlichen Hauterkrankungen eingesetzt. Neben den Vitaminen C und E ist das Enzym Superoxid-Dismutase gegen freie Radikale in der Haut wirksam. Es zerstört Superoxid-Radikale und wandelt sie in Wasserstoffperoxid-Moleküle um, die dann zu Wasser umgewandelt werden.

Co-Faktoren der Enzyme

Interessant sind auch die Bestandteile von Enzymen und ihrer Co-Faktoren, das sind z. B. die Vitamine B2 (Riboflavin), Nicotinsäureamid (Niacin), Pantothensäure (Bestandteil des Coenzyms A), Biotin und Folsäure. Die Vorstufe der Pantothensäure, das D-Panthenol, wird in der Kosmetik häufig bei Hautrötungen und zur Erhöhung der Hautfeuchte eingesetzt. Das Coenzym Q10 (Ubichinon) kommt mit Phosphatidylcholin vergesellschaftet in den Mitochondrien vor, wo mit seiner Hilfe die für die Zellen notwendige Energie durch Oxidation der Lipide erzeugt wird.

In Obst und Quark

Leben ohne Enzyme ist undenkbar. Für Enzyme ist charakteristisch, dass sie ihre Arbeit in kleinsten Mengen verrichten können und dabei nicht verbraucht werden. Daher bezeichnet man sie auch als Biokatalysatoren.
Sowohl isolierte Enzyme als auch enzymhaltige Extrakte oder Säfte können in der Hautpflege verwendet werden. Daneben steht die Hemmung oder Aktivierung der in der Haut befindlichen Enzyme im Vordergrund. Die aus der Vergangenheit bekannten und heute nur noch selten verwandten Behandlungen mit Quark, Obst & Co. gewinnen vor dem Hintergrund der darin enthaltenen Enzyme neue Aktualität. Die Zukunft wird hier noch manche Überraschung für die Hautpflege bringen.
Sie sehen: Die Anwendungen von Enzymen in der Kosmetik sind sehr vielfältig. Im Beitrag konnten daher nur einige gestreift werden.

Dr. Hans Lautenschläger

 


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veröffentlicht in
Kosmetik International
2006 (1), 46-48

 
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