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Aus der Biochemie - das ABC der Steroide

 

Steroide begegnen uns in Nahrung und Hautpflegemitteln, in Arzneimitteln und nicht zuletzt im eigenen Körper. Sie beeinflussen unter anderem Herz und Kreislauf, Fettstoffwechsel, Sexualität und das Hautbild.

 

Die Steroide sind eine Substanzgruppe, die sich durch einen charakteristischen Molekülaufbau auszeichnet. Ein typischer Vertreter ist das Cholesterin:

Cholesterin

Die zugrunde liegende Verknüpfung von 4 Kohlenstoffringen, das "Steran"-Gerüst, hat den Steroiden ihren Namen gegeben. Die einzelnen Vertreter haben unterschiedliche Seitenketten und funktionelle Gruppen.

Lanolin

So trägt etwa das Cholesterin eine Hydroxygruppe, die dem ansonsten wie ein Kohlenwasserstoff aufgebauten und somit fettlöslichen Stoff auch schwache hydrophile Eigenschaften verleiht. Dies trägt zur Wasseraufnahmefähigkeit des Wollwachses (Adeps lanae) bei, in dem es enthalten ist. Lanolin ist die Bezeichnung für eine Mischung aus Wollwachs (65g), Paraffinöl (15g) und Wasser (20g) und ein häufiger Bestandteil von W/O-Emulsionen in pharmazeutischen Hautsalben. In der Kosmetik sind Wollwachs und Lanolin synonym. Cholesterin hat eine sehr gute hautschützende Wirkung und ist Bestandteil der natürlichen Hautbarriere.
Verunreinigungen des Wollwachses, beispielsweise Pestizide, kann man bei dem heute herrschenden hohen Qualitätsstandard weitgehend ausschließen. Individuelle allergische Reaktionen sind daher relativ selten und beschränken sich auf Wollwachsalkohole oder nach der Reinigung zugesetzte Antioxidantien wie etwa Butylhydroxytoluol (BHT).

Pflanzliche und tierische Sterine

Dem Cholesterin strukturell verwandt sind die pflanzlichen Sterine (Phytosterine), die das tierische Cholesterin in Hautcremes ersetzen können. Dies erklärt die besonders guten Pflegeeigenschaften des Avocadoöls, in dem Phytosterine sehr reichlich vorkommen. Die körperliche Biosynthese von Cholesterin erfolgt ausgehend von aktivierter Essigsäure (Acetyl-CoA) über die Terpene Geraniol (Monoterpen), Farnesol (Sesquiterpen) und Squalen (Triterpen). Squalen ist ein wichtiger fettender Bestandteil des menschlichen Sebums und wird in Lanosterin umgewandelt. Lanosterin kommt wie das Cholesterin, dessen Vorstufe es ist, auch im Wollwachs vor und hat ähnliche emulgierende Eigenschaften in Cremes.
Cholesterin ist ein zentraler Synthesebaustein im menschlichen Organismus. Sein Transport in den Blutbahnen erfolgt durch Lipoproteine, deren Hauptbestandteile Proteine und Phosphatidylcholin sind. Mit der Nahrung aufgenommenes Cholesterin wird mittels sogenannter Chylomikronen, die man sich als kleine emulsionsähnliche Tröpfchen vorstellen kann, vom Dünndarm über die Lymphe in die Blutgefäße transportiert. Ein wichtiges Stoffwechselprodukt des Cholesterins ist das Pregnenolon, ein Gestagen (Gelbkörperhormon), aus dem unter anderem Gallensäuren und Steroidhormone entstehen.

Gallensäuren

Gallensäuren werden in der Leber produziert und ermöglichen als Bestandteil der Gallenflüssigkeit den Aufschluss von Nahrungsmittelfetten. Neben der mengenmäßig vorherrschenden Cholsäure kommen noch Desoxycholsäure und einige andere Gallensäuren vor. Sie sind amidisch mit den Aminosäuren Taurin und Glycin verknüpft, aus denen im Fall der Cholsäure die Taurocholsäure und die Glykocholsäure resultieren. Durch ihre emulgierende Wirkung erleichtern sie den Angriff fettspaltender Enzyme. In letzter Zeit findet man Gallensäuren wieder vermehrt in Kosmetika als physiologische Komponenten. Dort fungieren sie als anionische Emulgatoren für Fettstoffe und können dabei auch lamellare Strukturen unterstützen. Eine Kombination von Gallensäuren mit Phosphatidylcholin wurde in den neunziger Jahren zur Liposomenherstellung beschrieben. Ziel dieser Liposomenpräparate war unter anderem die Prophylaxe allergischer Reaktionen und die Behandlung des trockenen Auges.

Steroidhormone

Das aus Pregnenolon gebildete Gelbkörperhormon Progesteron ist Ausgangsstoff sowohl für Androgene wie das Testosteron als auch für die Östrogene Estron und Estradiol. Insbesondere in der Pubertät, während des weiblichen Zyklus und des Klimakteriums machen sich Veränderungen des Haushaltes dieser Hormone im Hautbild bemerkbar. 1,2)
Im Gegensatz zu den Androgenen enthalten die Östrogene einen aromatischen Ring. Damit bekommt die am Ring befindliche Hydroxygruppe einen phenolischen Charakter. Das ist der Hintergrund ihrer strukturellen Ähnlichkeit mit den pflanzlichen Isoflavonen (Polyphenole), die man auch als Phytohormone bezeichnet. Sie zeigen eine schwache Östrogenwirkung. Einsatzgebiete von Phytohormonen aus Soja und rotem Klee sind vor allem Antiaging-Präparate und Pflegeprodukte für die unreine Haut.3) Die Substanzklasse wurde in Kosmetische Praxis 2006 (1), 13-15 ausführlich beschrieben. Im Gegensatz zu Phytohormonen sind Steroidhormone und diese enthaltende Extrakte in Kosmetika innerhalb der EU ausdrücklich verboten.

Glucocorticoide

In der Nebennierenrinde findet die Biosynthese von Cortisol (Hydrocortison):

Cortisol

und Cortison aus Progesteron statt. Während das Cortison als solches inaktiv ist, übt das Cortisol vielfältige physiologische Wirkungen aus. Oral aufgenommenes inaktives Cortison wird in der Leber in das aktive Cortisol umgewandelt. Cortisol zeichnet sich vor allem durch entzündungshemmende und immunsuppressive Wirkungen aus und wird deshalb bei Allergien und Hautreaktionen unterschiedlichster Art in Salben appliziert. Der Hautzustand verbessert sich meist innerhalb weniger Tage. Nachteilig ist die bei Langzeitbehandlungen erfolgende Atrophie der Haut. Die Haut wird dünner und durchlässiger für äußerlich einwirkende Irritanzien und Allergene. Insgesamt wird sie mit der Zeit empfindlicher für Rezidive. Um diese und andere Nebenwirkungen zu reduzieren, sind daher neben dem Hydrocortison viele künstliche Corticoide entwickelt worden. Ein weiteres Ziel ist es, die Selektivität für bestimmte Indikationen zu verbessern. Dies trifft auch für Hautpräparate zu. Im Vordergrund steht dabei ein rascher Abbau der Wirkstoffe. Einerseits will man im hautnahen Bereich optimale Resultate erreichen, auf der anderen Seite möchte man systemische Wirkungen vermeiden. Diese können eintreten, wenn es zu einem (unerwünschten) Transport durch die Epidermis kommt. Trotz aller Verbesserungen bei den Medikamenten ist zu empfehlen, die Corticoiddosierung nach wie vor möglichst rasch zu reduzieren, sobald die akuten Symptome verschwunden sind. Gleichzeitig ist auf eine begleitende, barriereverstärkende Hautpflege zu achten, um das Eindringen von Allergenen und Mikroorganismen effektiv zu verhindern.
Der entzündungshemmende Effekt von Corticoiden ist unter anderem auf die Hemmung der Phospholipase A2 zurückzuführen, die aus körperlichem Phosphatidylcholin Arachidonsäure mit ihren zum Teil entzündungsauslösenden hormonellen Metaboliten freisetzt.4)

Saponine

Eine Quelle für die technische Herstellung des Cortisols ist neben dem Phytosterin Sitosterin das pflanzliche Diosgenin. Diosgenin gehört zu den pflanzlichen Saponinen, die ein steroidales Ringsystem besitzen. Es dient auch als Ausgangsstoff für industriell hergestelltes Progesteron.
Der Name Saponin ist vom lateinischen Wort Sapo (Seife) abgeleitet. Saponine sind ähnlich wie die Gallensäuren oberflächenaktiv und wurden früher vielfach zu Reinigungszwecken genutzt. Noch heute sind in Indien und anderen Regionen Asiens die Früchte des Waschnussbaums im Gebrauch, deren Saponingehalt besonders hoch ist. Anders als bei den anionisch emulgierenden Gallensäuren, resultiert die waschaktive Wirkung der Saponine aus der (glycosidischen) Anknüpfung wasserlöslicher Zuckerreste an das steroidale Ringsystem. Saponine sind daher vergleichbar mit nichtionischen Emulgatoren vom Typ der modernen Zuckertenside, die zur Gesichtsreinigung eingesetzt werden.5)
Neben Diosgenin sind Ruscin, Ruscogenin und Neo-Ruscogenin Bestandteile von Pflanzenextrakten wie etwa dem Mäusedorn. Dieser hat eine adstringierende und straffende Wirkung und wird vor allem zur Augenpflege verwendet. Der Grundstoff des Lakritz, das Glycyrrhizin, ist ebenfalls ein Saponin, das in der Kosmetik zur Hautaufhellung bei Hyperpigmentierungen dient. Es wird aus der Süßholzwurzel (Glycyrrhiza glabra) gewonnen.
Einen ähnlichen glycosidisch-steroidalen Aufbau wie die Saponine haben übrigens die Herzglycoside. Der wichtigste Wirkstoff, das Digitoxin, wird aus den Blättern des roten Fingerhuts (Digitalis purpurea) extrahiert.
Ebenfalls mit den Saponinen verwandt sind die Steroidalkaloide der Nachtschattengewächse. Am bekanntesten ist das schwach giftige Solanin der Kartoffel.

Vitamin D3 (Cholecalciferol)

Das Vitamin D3 ist im Zusammenhang mit Steroiden erwähnenswert, da es aus einer Vorstufe des Cholesterins, dem 7-Dehydrocholesterol, gebildet wird. 7-Dehydrocholesterol befindet sich im Stratum spinosum und Stratum basale der Haut und wird durch den Einfluss von UVB-Licht in Vitamin D3 umgewandelt. Dabei wird einer der 4 steroidalen Ringe geöffnet. Das Vitamin wird auch über die Nahrung aufgenommen. Dies ist umso wichtiger, je weniger die Haut dem Sonnenlicht ausgesetzt wird und je mehr Sonnenschutzmittel verwendet werden. Eine wesentliche Quelle für das Vitamin ist der Fischkonsum, insbesondere von fettreichen Fischen wie Hering, Lachs und Makrele.

Dr. Hans Lautenschläger

 

Weitere Informationen:

  1. Kosmetik International 2009 (10), 20-23
  2. Kosmetik International Best Ager 2009, 26-28
  3. Kosmetische Praxis 2006 (1), 13-15
  4. Beauty Forum 2009 (12), 40-47
  5. Kosmetische Praxis 2009 (4), 12-15

 


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veröffentlicht in
Kosmetische Praxis
2010 (1), 10-13

 
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