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Hautpflege bei Krebstherapien

 

Wenn Kunden wegen einer Krebserkrankung in medizinischer Behandlung sind, beeinflusst das den Hautzustand. Probleme und Therapie-Nebenwirkungen lassen sich mit einer geeigneten Hautpflege abmildern.

 

Eine Krebserkrankung trifft den Einzelnen meist unvermittelt und zwingt ihn, seinen Lebensstil komplett oder vorübergehend zu ändern. Das gilt auch für die Hautpflege - insbesondere in der Therapiephase. Die wichtigsten Behandlungsmöglichkeiten von Krebserkrankungen sind:

  • Chirurgie
  • Strahlentherapie
  • Chemotherapie
  • Immuntherapie

Chirurgie

Narben, die sich nach chirurgischen Eingriffen bilden, können ein ästhetisches Problem darstellen. Über die Narbenbehandlung - kosmetische Prävention und Pflege - wurde in Kosmetik International 2008 (8), 36-38 ausführlich berichtet. Die regenerationsunterstützende Pflege, Peelings und die Aktivierung der Mikrozirkulation sind nach Abschluss der Wundheilung die wichtigsten kosmetischen Maßnahmen. Sie setzen jedoch Geduld voraus. Mittelfristig betrachtet ist der Sonnenschutz wichtig, da das Melanin im Narbenbereich fehlt. Pigmentierungskontraste nach Hauttransplantationen verblassen mit liposomalen Vitamin C-Derivaten (Sodium Ascorbyl Phosphate) oder lassen sich umgekehrt mit pigmenthaltigen Foundations und Pudern angleichen.

Strahlentherapie

Bei der Strahlentherapie ist die Haut entweder das Durchgangsorgan für die Strahlung oder sie reagiert auf die Streustrahlung aus dem Körperinneren. Dabei ist die Schädigung gesunder Zellen nicht zu vermeiden. Es kommt zu einer verzögerten Neubildung von Basalzellen und je nach Strahlendosierung zu reversiblen oder irreversiblen DNA-Schäden. Die körpereigenen, Matrixmetalloproteinasen werden dosisabhängig angeregt und bauen Kollagen ab, die Sebumsekretion verringert sich und die Barrierefunktion der Haut wird gestört.
Sichtbare Folge ist eine trockene und gerötete Haut - ähnlich wie beim Sonnenbrand. Die Erythembildung kann sehr intensiv sein (Radiodermatitis). Nach der Strahlenschädigung kommt es zu einer verstärkten Zellteilung und die Haut schuppt sich (Desquamation). Die obersten Barriereschichten des Stratum corneums werden abgestoßen. Bei starken Schäden der Basalschicht löst sich die Barriereschicht nässend ab; die Haut kann in seltenen Fällen nekrotisieren; es können Ödeme entstehen. Wenn das Enzym Tyrosinase angeregt wird, dunkelt die Haut infolge der Melaninbildung. Bei Schädigungen der Haarwurzelzellen fallen die Haare aus. Die Funktion der Schweißdrüsen wird ebenfalls eingeschränkt.
Erytheme zeigen sich erstmals rund zwei bis drei Wochen nach Beginn der Strahlentherapie. Spätreaktionen können noch nach Jahren zu erweiterten Gefäßen, Teleangiektasien, Pigmentflecken und der Atrophie der Haut führen.

Entscheidend für die Stärke der Nebenwirkungen sind die Gesamtstrahlendosis, die Fokussierung der Strahlenquelle und die Zeitabstände der Einzeldosen. Wenn man die einzelnen Strahlendosen verteilt, lassen sich die Tumorzellen in verschiedenen Wachstumszyklen schädigen. Entsprechen die Tumorwachstumszyklen nahezu den Zyklen der Hautregeneration, wird die Haut stärker in Mitleidenschaft gezogen. Selbstverständlich darf die Haut während der Therapie nicht noch zusätzlich durch UV-Strahlung (Sonne) belastet werden. Lässt sich das nicht vermeiden, muss man sie unbedingt durch Sonnenschutzpräparate mit hohem Lichtschutzfaktor schützen.
Durch die radioaktive Strahlung bilden sich wie bei der UV-Strahlung der Sonne Sauerstoff- und Peroxinitrit-Radikale in der Haut. Die Eindringtiefe ist allerdings größer und die sichtbare Wirkung tritt später ein. Entzündliche Reaktionen unterschiedlicher Intensität sind die Folge. Im Dekolletébereich reagiert die Haut besonders stark. Ein Brennen und ein Jucken begleiten die Entzündung.
Die Radikale werden zum Teil von Aminosäuren (NMF), aber auch von der für den Hautturgor wichtigen Hyaluronsäure abgefangen. Letztere befindet sich in der extrazellulären Matrix und wird dabei abgebaut - ein Vorgang, der zusammen mit dem oben erwähnten Kollagenabbau letztendlich zur Atrophie der Haut führt. NMF und Hyaluronsäure kommen daher generell für die konditionierende Hautpflege vor und nach der Bestrahlung in Frage. Für die allgemeine, therapiebegleitende Hautpflege haben sich emulgatorfreie Barrierecremes mit Derma Membran Struktur zusammen mit Leinöl-Nanodispersionen bewährt. Im Falle aktinischer Keratosen kann zusätzlich mit Boswellia-Nanodispersionen gearbeitet werden. Das in den Präparaten enthaltene Phosphatidylcholin (PC) hat gegenüber Gamma-Strahlung eine zellprotektive Wirkung. PC-Liposomen wirken sowohl bei Schäden durch Gamma-Strahlung als auch UV-Strahlen regenerativ. In Wasser dispergierte Avocadoöl-PC-Mischungen lassen sich zur Hautreinigung mit gleichzeitigem pflegendem Effekt einsetzen.

Die Verwendung von Körperreinigungsmitteln mit aggressiven Tensiden (z. B. Laurylsulfat, Laurylethersulfat) sollte - wenn möglich - weitestgehend unterbleiben. Lauwarmes Wasser genügt in den meisten Fällen für die Reinigung der Haut. Kurze Kamille-Bäder wirken beruhigend. Bei Männern kann die Nassrasur mit Rasierseife eine Irritationsquelle sein. Es wird daher empfohlen, auf die Trockenrasur umzusteigen. CM-Glucan-haltige Hydrogele sind eine Alternative zu hochprozentigen, alkoholischen Rasierwässern, wenn es darum geht, die Haut zu beruhigen. Hydrogele mit Alginaten, Hyaluronsäure, CM-Glucan, Aloe vera, D-Panthenol und Aminosäuren (NMF) sind allgemein gut dafür geeignet, die Haut feucht zu halten. Manche Gele können Pflanzenöle aufnehmen, deren Omega-6- und Omega-3-Säuren entzündungshemmend wirken. In Form von wasserfreien Oleogelen kann man die Pflanzenöle wie eine Creme anwenden.
Gegenüber Vaselineprodukten haben diese Oleogele den Vorteil, dass sie gut fetten und gleichzeitig gut einziehen. Hier zeigt sich eine Parallele zur Pflege der neurodermitischen Haut, die auch barrieregestört und besonders trocken ist und leicht auf mechanische Reize wie eng anliegende Kleidung reagiert.

Irritierende oder potenziell sensibilisierende Hilfsstoffe in Kosmetika sind eine zusätzliche Problemquelle und sollten gemieden werden, da sie die gestörte Hautbarriere besonders leicht passieren. Wenn die Hautbarriere geschädigt ist, nimmt auch das Infektionsrisiko zu, dem man mit den oben bereits erwähnten Barrierecremes und regenerationsfördernden Vitaminzusätze (A, C, E, D-Panthenol) begegnen kann.
Puder mit einem Harnstoffanteil trocknen nicht aus und wirken juckreizhemmend. Für dekorative Präparate gelten die gleichen Kriterien wie für die reine Hautpflege: möglichst wenige Hilfsstoffe und keine Stoffe, die die hauteigene Regeneration beeinträchtigen. Das bedeutet z. B., auf abdeckende Mineralöle und Mineralwachse zu verzichten.
Eine wichtige Voraussetzung für die schnelle Wiederherstellung der Haut nach der Therapie ist die bestmögliche Kondition der Haut vor der Therapie. Daher sollte man bereits mehrere Wochen vor einer geplanten Strahlentherapie Barrierecremes einsetzen - für einen wirksamen Schutz.

Chemotherapie

Bei der Chemotherapie ist das Spektrum der Auswirkungen auf die Haut am größten, da ganz unterschiedliche Zielrichtungen verfolgt werden. Wenn es darum geht, schnell wachsende Tumorzellen zu schädigen, werden die ebenfalls schnell wachsenden, gesunden Haut- und Schleimhautzellen bei einer systemischen Behandlung auch in Mitleidenschaft gezogen. Barrierestörungen der Haut sind die Konsequenz. Sie äußern sich durch Trockenheit und ein erhöhtes Infektionsrisiko, das durch die Schwächung des Immunsystems noch weiter steigt. Häufig zeigen sich Hautpilz- und Herpes-Infektionen, die pharmakologisch behandelt werden. Daher ist Hygiene ein wichtiges Gebot. Allerdings sollte die Hautreinigung - wie bei der Strahlentherapie - moderat erfolgen, damit die Hautbarriere nicht noch weiter geschädigt wird. Bei trockenen Schleimhäuten werden medizinische Hydrogele empfohlen.

Die Nebenwirkungen der bei der Krebstherapie eingesetzten Zytostatika sind vielfältig:

  • Mitosehemmstoffe wie Vinca-Alkaloide wirken toxisch und erzeugen Haarausfall.
  • Alkylierende Zytostatika (z. B. Cyclophosphamid) wirken toxisch und erzeugen Haarausfall und Erytheme.
  • Folsäureantagonisten wie Methotrexat können Exantheme, Erytheme, häufig auch Juckreiz und Reaktionen an Injektionsstellen entstehen lassen.
  • Pyrimidin-Antagonisten (z. B. Fluorouracil) machen sich durch Photosensibilisierung und Hyperpigmentierung bemerkbar.

Wenn die Signalwege körpereigener Wachstumsfaktoren durch Krebsmedikamente blockiert werden, treten zwangsläufig Veränderungen an Haut, Haar und Nägeln auf:

  • Der Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF) löst während der embryonalen Entwicklung Gefäßneubildungen (Angiogenese) aus. Multikinasehemmer hemmen unter anderem den VEGF-Signalweg. und vermindern die Tumor-Angiogenese. Erytheme im Gesicht, Hautausschläge (Exantheme), Juckreiz und Schwellungen werden beobachtet. 
  • Der Epidermal Growth Factor (EGF) stimuliert über seine Rezeptoren die Zellteilung und das Zellwachstum. Der EGF unterbindet die Apoptose (programmierter Zelltod). Dadurch fördert er auch das Wachstum und die Metastasierung von Tumoren. Signaltransduktionshemmer verhindern die Weitergabe des EGF-Signals am Rezeptor in das Innere der Tumorzelle. An den Hautzellen erfolgt die gleiche Reaktion. Die Haut wird trocken und rissig. Es zeigen sich Juckreiz, Rötungen, Entzündungen und Pusteln.

Die beschriebenen Nebenwirkungen sind individuell verschieden und abhängig vom Präparat. Die Unterstützung der Hautbarriere mit reizfreien, sprich duftstoff-, konservierungsstoff- und emulgatorfreien Hautpflegepräparaten in Kombination mit feuchtigkeitserhaltenden Wirkstoffen wie Aminosäuren und Hyaluronsäure ist die wichtigste Pflegemaßnahme. Inwieweit sich Juckreiz durch Harnstoff und Rötungen durch essenzielle Fettsäuren und gefäßstabilisierende Extrakte (Echinacea, Mäusedorn) erfolgreich behandeln lassen, muss individuell ausgetestet werden.

Immuntherapie

Immuntherapien können aktiv oder passiv erfolgen und haben das Ziel, die Immunantwort gegenüber den Krebszellen zu verstärken, d. h. ihr Wachstum zu verlangsamen oder sie zum Absterben zu bringen. Bei der aktiven Immuntherapie nutzt man Impfstoffe aus abgetöteten Tumorzellen oder Antigenen, um den Organismus zu einer eigenen Immunantwort zu veranlassen, die sich gegen die Krebszellen richtet. Wenn körpereigene Zytokine, zu denen auch die Interferone zählen, Immunglobuline oder T-Lymphozyten appliziert werden, spricht man von einer passiven Immuntherapie. Da dadurch Wachstumsfaktoren beeinflusst werden, kann die Therapie auch Auswirkungen auf die Haut haben. Interferone können z. B. vorübergehend unspezifische Hautausschläge, Hauttrockenheit oder Haarausfall verursachen. Ansonsten orientiert sich die Hautpflege an den Symptomen. Sie sollte die Haut nicht reizen und bei Bedarf fettreicher sein.

Abschließend ist noch auf die Hormontherapie hinzuweisen (z. B. bei Prostata-, Brust- und Gebärmutterkrebs). Da in den Östrogen- oder Testosteronhaushalt eingegriffen wird, muss mit hormonspezifischen Hautveränderungen gerechnet werden. Sind die Talgdrüsen betroffen, kann man die Haut mit liposomalen, auf Phosphatidylcholin basierenden Lotionen pflegen; paraffinölhaltige Präparate sind dann kontraproduktiv. Ungewöhnliche Hautreaktionen können Nebenreaktionen von Schmerzmitteln sein, die häufig therapiebegleitend eingesetzt werden. Dann kann ein Präparate-Wechsel sinnvoll sein.

Dr. Hans Lautenschläger

 


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veröffentlicht in
Kosmetik International
2012 (5), 18-21

 
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