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Essenzielle Fettsäuren - Kosmetik von innen und von außen

 

Unser Körper ist auf zahlreiche Stoffe angewiesen, die mit der Nahrung aufgenommen werden müssen. Zu diesen essenziellen Substanzen gehören auch bestimmte Fettsäuren. Ein Mangel wirkt sich schädlich auf Organismus und Haut aus.

 

Fettsäuren sind, wie der Name schon andeutet, ein Baustein der Fette (Triglyceride), in denen sie chemisch an Glycerin gebunden sind. Fette dienen dem Körper als Energiereserve und als biochemischer Rohstoff. Ungebundene Fettsäuren, wie z. B. die Palmitinsäure, sind ein wichtiger Bestandteil der Hautbarriere und des Säuremantels der Haut. Palmitinsäure und die verwandte Stearinsäure gehören zu den so genannten gesättigten Fettsäuren, während im Unterschied dazu Ölsäure und Linolsäure ungesättigte Säuren sind: Sie enthalten eine geringere als die maximal mögliche Anzahl an Wasserstoffatomen. Für Pflanzenfette sind hohe Anteile an ungesättigten Säuren charakteristisch. Sie sind daher meist flüssig (Öle), während in tierischen Fetten gesättigte Fettsäuren und eine eher feste Konsistenz dominieren.
Die einfach ungesättigte Ölsäure, die z. B. reichlich im Olivenöl vorkommt, kann im Körper aus Stearinsäure synthetisiert werden, ist daher nicht essenziell und löst keine Mangelerscheinungen aus. Sie ist wie die aus Palmitinsäure entstehende einfach ungesättigte Palmitoleinsäure ein Mitglied der Omega-9-Fettsäurefamilie.
Dagegen ist die zweifach ungesättigte Linolsäure essenziell und für den Menschen unverzichtbar. Als Vertreter der Omega-6-Fettsäure- Familie kommt sie in hoher Konzentration im Distel-, Soja-, Weizenkeim-, Traubenkern-, Schwarzkümmel- und Sonnenblumenöl vor.

Unverzichtbar: Linolsäure

Der Mangel an Linolsäure hat vielfältige Wirkungen auf den Organismus. In der Haut entstehen Barrierestörungen: der transepidermale Wasserverlust (TEWL) steigt, die Haut wird trocken, schuppig und erhält eine ungesunde Farbe. Nägel neigen zur Brüchigkeit, Haare können vermehrt ausfallen und es zeigen sich Verhornungsstörungen, z. B. an den Ausgängen der Talgdrüsen. Umgekehrt hilft Linolsäure bei Dermatosen, Sonnenbrand und Brandwunden, indem sie spürbar die Regeneration der Hautbarriere beschleunigt. Leichte Formen der Akne vulgaris können mit Linolsäure-Präparaten effizient behandelt werden. Linolsäure wurde aus diesen Gründen lange als Vitamin F bezeichnet, bis man festgestellt hat, dass nicht nur die Linolsäure selbst, sondern eine Vielzahl weiterer aus ihr gebildeter Stoffe für wichtige Reparatur- und Regulationsmechanismen verantwortlich sind.
So wird ein Teil der mit der Nahrung aufgenommenen Linolsäure im Körper - aber nicht in der Haut - enzymatisch zur Gamma-Linolensäure (GLA), einer dreifach ungesättigten Omega-6-Fettsäure, umgewandelt. Sie kommt natürlich u.a. im Nachtkerzenöl, Borretschöl und im Kernöl der schwarzen Johannisbeere vor. Neurodermitiker leiden manchmal unter einem Enzymdefekt, der die Bildung von GLA und für den Körper und die Hautphysiologie wichtiger Folgestoffe verhindert. Innerliche und äußerliche Präparate mit den genannten Ölen können daher bei diesem Leiden hilfreich sein. In der Haut wird Linolsäure entweder in das barriereaktive Ceramid I eingebaut oder enzymatisch zu einer Fettsäure mit antiproliferativer Wirkung oxidiert. Aus GLA wird durch Kettenverlängerung die Dihomo-gamma-Linolensäure (DGL) und nachfolgend die vierfach ungesättigte Arachidonsäure (AA) gebildet. Die Arachidonsäure wird unter anderem in epidermalen Phospholipiden zwischengespeichert und erreicht dort bis zu 9% der Fettsäureanteile. Arachidonsäure ist das zentrale Ausgangsmaterial für viele, in kleinsten Mengen unmittelbar am Ort ihrer Entstehung regulatorisch wirksame Gewebshomone, deren vielfältige Eigenschaften hier nur beispielhaft erwähnt werden können:

  • Prostacyclin wirkt gerinnungshemmend
  • Thromboxane sind gerinnungsfördernd und an der Schließung von Wunden beteiligt
  • Prostaglandine spielen eine große Rolle bei Entzündungsvorgängen, unter anderem auch in der Haut
  • Leukotriene sind für Immunantworten verantwortlich und steuern z. B. allergische Reaktionen.

DGL bildet selbst auch gewebespezifisch wirkendes Prostacyclin, Thromboxane, Prostaglandine ("Serie 1"), deren Zusammensetzungen und Wirkungen aber von den Arachidonsäure-Folgeprodukten ("Serie 2") abweichen, sogar gegensätzlich sein können und miteinander konkurrieren. So wirkt das Prostaglandin E2 (aus Arachidonsäure) entzündungsfördernd, während das Prostaglandin E1 (aus DGL) Entzündungen hemmt. Da Arachidonsäure z. B. in Eigelb und Schweineschmalz in Konzentrationen von 0,3% bzw. 1,7% vorkommt und hohe Dosen von Linolsäure die körpereigene Arachidonsäurebildung hemmen, ist es plausibel, dass die Ernährungsumstellung auf entsprechende pflanzliche Öle eine Reihe von Hautproblemen positiv beeinflussen kann.
In diesem Zusammenhang ist eine weitere essenzielle Familie (Omega-3-Fettsäuren) zu nennen, deren fünffach ungesättigter Vertreter, die Eicosapentaensäure (EPA), insbesondere beim Verzehr von Kaltwasser-Fischen aufgenommen wird. Fische bilden EPA über mehrere Stufen aus der mit Algen aufgenommenen Alpha-Linolensäure. Auch EPA ist Ausgangsstoff für Prostacyclin, Thromboxane, Prostaglandine und Leukotriene ("Serie 3"), darüber hinaus wird EPA in die 6-fach ungesättigte Docosahexaensäure (DHA) umgewandelt, die Ihrerseits wieder hormonartig wirkende Stoffe erzeugt.

Wertvolles aus Fischöl

Den Einfluss dieser Fettsäuren zeigt das seltene Vorkommen der Psoriasis bei Eskimos, die im Allgemeinen sehr viel Fisch essen. Bei Eskimos, die sich auf unsere Essgewohnheiten umgestellt haben, steigt die Psoriasisrate auf den "Normalwert". Ähnliches gilt für das Auftreten arteriosklerotischer Gefäßveränderungen. Zu erwähnen ist der um ein Vielfaches erhöhte Anteil von Arachidonsäure in psoriatrischer Haut. Da auch der menschliche Organismus in der Lage ist, EPA aus Alpha-Linolensäure herzustellen, sind wiederum auch Pflanzenöle für die Ernährung von Bedeutung.
Alpha-Linolensäure kommt z. B. hochkonzentriert im Leinöl vor, das früher unter anderem als Brotaufstrich oder in Verbindung mit Pellkartoffeln und Quark verzehrt wurde. Auch Rapsöl, Hagebuttenöl und in geringerer Menge auch Walnuss- und Weizenkeimöl enthalten die Säure. Daneben kommt sie aber auch in den Blattgemüsen wie Portulak in nennenswerten Mengen vor. Bei Diäten ist zu beachten, dass gleichzeitig aufgenommene hohe Dosierungen an Omega-6-Fettsäuren die Umwandlung von Alpha-Linolensäure in EPA drosseln können. Da wild lebende Tiere mehr Alpha-Linolensäure über die Nahrung zu sich nehmen, ist ihr Omega-3-Fettsäurespiegel höher als der von gezüchteten Tieren. Dies gilt z. B. auch für wildlebende und aus Farmen stammende Lachse.

Schönheit von innen

Heute ist nicht nur der Anteil von Fetten in der Nahrung gegenüber früheren Zeiten stark angestiegen, sondern auch das Verhältnis von Omega-6-Fettsäuren gegenüber den Omega-3-Fettsäuren. Anzustreben ist daher neben einer Reduzierung der Fettmenge ein ausgeglichenes Verhältnis der einzelnen essenziellen Fettsäuren. Ausgewähltes Obst, Gemüse und Öle mit entsprechenden Mengen an Linolsäure, Gamma- und Alpha-Linolensäure und ein vergleichsweise erhöhter Fischkonsum können sehr viel dazu beitragen, Haut und Körper präventiv gesund zu erhalten. Akne verbessert sich häufig bereits, wenn tierische und hydrierte Fette in Form von Schweinefett und Schokoladeprodukten reduziert werden. Es gilt nach wie vor die alte Faustregel: Die Haut spiegelt das innere Gleichgewicht des Körpers wider.
Wenn die Fettsäurebilanz dagegen nicht stimmt, können Herzinfarkt, Asthma, hoher Blutdruck, Magen-Darm-Erkrankungen, Allergien, Entzündungen, Rheuma, Arteriosklerose, Fettstoffwechselstörungen, Störungen der Blutfunktionen sowie Hautkrankheiten verstärkt auftreten oder ausgelöst werden.

Medikamente und Haut

Da viele Medikamente, wie z. B. die nichtsteroidalen Entzündungshemmer (NSAID's; Antirheumatika) wie Aspirin über die Hemmung von Enzymen in den komplizierten Fettsäurehaushalt eingreifen, sollten Nebenwirkungen von Medikamenten auch bei Hautproblemen immer in Betracht gezogen werden.
Arachidonsäure wird mit Hilfe des Enzyms Phospholipase A2 aus Phospholipiden freigesetzt. Kortisonpräparate hemmen das Enzym und verhindern dadurch die Bildung von entzündungsfördernden Arachidonsäurefolgeprodukten. So können entzündliche Vorgänge in der Haut sehr effektiv und schnell behoben werden. Die Kehrseite ist, dass der Haut bei längerer Behandlung andere wichtige Fettsäuren fehlen und die Haut atrophiert.

Kosmetische Präparate

Linolsäure ist die häufigste essenzielle Fettsäure in kosmetischen Präparaten. Sie wirkt Barriere- und Verhornungsstörungen entgegen, senkt den transepidermalen Wasserverlust und erhöht die Hautfeuchte. Am besten geeignet sind Transportkörper wie Liposomen oder Nanopartikel, bei denen die Linolsäure chemisch im Liposomengrundstoff, dem natürlichen Phosphatidylcholin, gebunden ist. Es gehört zur Gruppe der membranbildenden Phospholipide, die auch ein Depot für alle anderen essenziellen Fettsäuren darstellen. Die Linolsäure wird daraus in der Haut hydrolytisch oder enzymatisch abgespalten.
Linolsäure ist Bestandteil des Ceramid I, des wichtigsten Barrierestoffes in der Hornschicht. Linolsäurehaltige Hautpräparate sind daher für Neurodermitiker, deren Haut sich in der Regel durch einen Mangel an Ceramid I auszeichnet, sehr gut geeignet. Während bei Akne und gleichzeitig fettreicher Haut reine Liposomenpräparate zu empfehlen sind, sollten bei Barrierestörungen wie trockener Haut und Neurodermitis besser Nanopartikel oder fettreiche DMS-Grundlagen mit hautähnlicher Struktur und entsprechenden Zusätzen in Form von Phosphatidylcholin oder linolsäurereichen Ölen zur Anwendung kommen. Kombinationen mit Nachtkerzenöl sind angezeigt, wenn bei Neurodermitikern mit Enzymdefekten zu rechnen ist.
Ein Nachteil linolsäurehaltiger Öle ist ihre vergleichsweise kurze Haltbarkeit, da sie besonders leicht durch Luftsauerstoff angegriffen werden. Distelöl hat daher z. B. eine wesentlich geringere Haltbarkeit als Olivenöl. Länger haltbar sind Öle, die von Natur aus Antioxidantien wie z. B. Vitamin E enthalten. In Kosmetika werden essenzielle Öle durch Vitamin E und C bzw. deren Derivate wie Tocopherolacetat, Tocopherolpalmitat oder Ascorbylpalmitat stabilisiert.
Bei der Verarbeitung von essenziellen Fettsäuren in Kosmetika und Dermatika sollten möglichst wenige Hilfsstoffe eingesetzt werden. So verbietet sich der gleichzeitige Einsatz von Mineralölen in kosmetischen Präparaten, da sie nicht in die Hautbarriere integriert werden und die Regeneration der Haut eher behindern. Auch Emulgatoren sind möglichst zu vermeiden. Dagegen können Zusätze anderer Stoffe, wie z. B. Harnstoff, sinnvoll sein. Harnstoff nimmt den Juckreiz bei neurodermitischer Haut und trägt gleichzeitig zur Stabilität der ungesättigten Fettsäuren bei.
Aufgrund der sehr komplexen Materie ist Hintergrundwissen ganz besonders wichtig, um Ernährung und Kosmetik richtig aufeinander abzustimmen und individuell auf die einzelnen Personen einzustellen.

Dr. Hans Lautenschläger



Beispiel für die Abkürzungen:

18:2 n-6 ist die chemische Kurzbezeichnung für die Linolsäure.

  • Sie besitzt 18 Kohlenstoffatome, die in einer Kette angeordnet sind
  • Die Variable n (Anzahl der Kohlenstoffatome) ist in diesem Fall: 18
  • Linolsäure hat 2 Doppelbindungen (2-fach ungesättigt); gegenüber der gesättigten Stearinsäure (18:0) hat sie 4 Wasserstoffatome weniger)
  • Die erste Doppelbindung beginnt an der Position n-6, also am 12. Kohlenstoffatom (n-6 = 12)
  • n = 18 ist die so genannte Omega-Stellung, d. h. das Ende der Kohlenstoffkette.
  • Bei essenziellen Fettsäuren liegen die Doppelbindungen hintereinander, mit einer CH2-Gruppe dazwischen.

 


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veröffentlicht in
Beauty Forum
2003 (4), 54-56

 
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